Deutsche Lehnwörter im Tschechischen
Im Tschechischen lassen sich mehr als 1000 deutsche Lehnwörter nachweisen. Das
ist im Vergleich zu anderen Sprachen sehr viel, denn im Italienischen finden wir nur 140 und im Französischen nur 450 deutsche Lehnwörter, obwohl die Ostgoten und Langobarden zusammen etwa 250 Jahre in Italien herrschten und
die fränkischen Eroberer in Frankreich ihre Sprache über Jahrhunderte bewahrten. Im Tschechischen kommen noch unzählige Lehnübersetzungen hinzu. (Lit.: Anton Mayer, Die deutschen Lehnwörter im Tschechischen, Reichenberg 1927)
Zum Vergleich: Das Deutsche kennt rd. 500 Lehnwörter aus dem Lateinischen
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Ortsnamen
Jacob Grimm
hat erkannt, daß die Beschäftigung mit Namen "uralte Zeit vergegenwärtigen" kann (1839). Das gilt auch für die Ortsnamen in Ostfranken, wo man das Suffix "-(n)itz" gerne auf slawischen Ursprung zurückführte. Urkundliche Belegreihen zeigen aber, daß es sich in vielen Fällen um eine sekundäre Erscheinung handelt, die auf dem Bildungstypus -antia (wie in Brigantia=Bregenz) beruhen und somit wohl eher auf Benennungen aus keltischer, jedenfalls vorrömischer Zeit zurückgeführt werden müssen.
Anders liegt der Fall im Elbe-Saale-Raum, wo von einem germanisch-slawischen Mischgebiet auszugehen ist, in dem für geraume Zeit nach der Ostkolonisation zwei eigenständige Namenssysteme nebeneinander bestanden, bis
sich die deutschen Namen durchsetzten oder auch Mischformen gebildet wurden.
(Quelle: Arbeitskreis für Namensforschung, Tagungsbericht Univ. Bamberg, FAZ. 22.10.1986, S. N4)
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Die deutsche Sprache am Hofe Karls IV in Prag:
..... ”Die Seele dieser französisch-italienischen Bildung in Prag war der kaiserliche Kanzleibeamte und spätere Kanzler Johannes von Neumarkt um 1310 bis 1380 aus Hohenmaut.. ... Er war der lateinischen und deutschen
Sprachkunst Meister, bildete in ihr seine Beamten.... Als Kanzleisprache wird das Latein der Staufer vom Deutsch der Luxemburger abgelöst, als Mundart das Oberdeutsche vom Mitteldeutschen.... Es war ein weltgeschichtliches
Ereignis von unabsehbarer Tragweite, daß dieses Mitteldeutsch zunächst schriftliche Gemeinsprache des Ostens und sodann der ganzen deutschen Nation wurde.” (Quelle: Josef Nadler, Geschichte der deutschen Literatur, Wien 1950, Seiten 56-58)
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Über das Dichtwerk Der Ackermann aus Böhmen schreibt der Germanist Josef Nadler in seiner ”Geschichte der deutschen Literatur” (Wien 1950, Seiten 58 f.) u.a.: ” ... So von allen Seiten vorbereitet erhebt
sich endlich aus der Mitte des böhmischen Kulturkreises im Jahr 1400 die schönste Dichtung des Zeitalters. Das ist ”Der Ackermann aus Böhmen”. Dem Saazer Notar Johannes von Tepl war die junge Frau gestorben. Der Schmerzbetäubte
suchte sich Luft zu machen in dem Augenblick, da Herz und Verstand noch miteinander hadern. ... Dies Spiel seines geteilten Ich kleidet der Kenner des germanischen Rechts in eine peinliche Gerichtsklage wider den Allzerstörer
Tod. ... Schließlich entscheidet Gott zwischen den Rechtsuchern. ... Ein Gebet schließt das Büchlein.”
Textproben nach der Übertragung von Willy Krogmann: 1. Kapitel (Der Ackermann): ”Grimmiger Vertilger aller Völker, schadenbringender Verfolger aller Menschen, furchbarer Mörder aller guten Leute,
Tod, Euch sei geflucht! Gott, euer Schöpfer, hasse Euch, wachsendes Unheil wohne Euch bei, Unglück hause bei Euch mit seiner Gewalt, gänzlich geschändet seiet immerdar!.....” 3. Kapitel (Der Ackermann):
”Ich werde ein Ackermann genannt; mein Pflug ist die Feder, und ich wohne im Böhmerlande....” 10. Kapitel (Der Tod): ” Du hast nicht aus der Weisheit Brunnen getrunken, das merken wir an deinen Worten.
In das Wirken der Natur hast du nicht gesehen, in die Mischung weltlicher Zustände hast du nicht geblickt, in die irdische Verwandlung hast du nicht geschaut, ein unverständiger Welp bist du....”
Die Rolle der tschechischen Sprache (nach Nadlers o.a.Literaturgeschichte, Seite 59 f.): ”Als Der Ackermann entstand, trugen schon die Tschechen, nicht mehr die Deutschen, den Würfelbecher in der Hand. Die tschechische Literatur hielt ungefähr gleichen Schritt nach dem Zeitmaß, das die deutsche angab. ... Der Hochschullehrer Jan Hus, am Hofe König Wenzels beliebt, begann, sich in die Schriften des Oxforder Gelehrten John Wiclef zu versenken... Die Deutschen verließen 1409 die Prager Universität. Wenzels Bruder, Kaiser Sigmund, brachte die Kirchenversammlung zu Konstanz zusammen... Jan Hus wurde am 6. Juli 1415 verbrannt. Der Hussitenkrieg brach los und legte den Wohlstand des Landes in Asche.”
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L.Ritter von Pribram, Erinnerungen eines alten Österreichers (Sttgt.-Lpz. 1910) :
Um 1850 wurde im Collegium Clementinum in Prag “Böhmisch” (=Tschechisch) als Unterrichtssprache
eingeführt. Die Hälfte der Schüler wechselte daraufhin zum Neustädter Gymnasium oder nach Wien bzw. nach Dresden. Dieser Exodus schadete der deutschen Sache, denn dadurch wurde am Coll. Clementinum das “Böhmische” zur Umgangssprache. Das Deutsche war sogar verpönt, und es gab unter den Schülern Rippenstöße und Prügel für ihren Gebrauch. Deutsche Literatur stand nur am Lehrplan. Goethe war unbekannt. Man memorierte viel, besonders tschechische Texte, die aber “armselig” waren.” (Seite 24)
Bei alledem würde man fehlgehen mit der Annahme, daß die nationale Spaltung in jenem Tagen, d.h. in den fünfziger Jahren, sichtbar an die Oberfläche trat. Nach wie vor blieb das Deutsche die Umgangssprache der besseren
und gebildeten Klassen, der Kaufmannschaft, der Beamtenwelt. Zumal das weibliche Geschlecht hielt sich ans Deutsche, und wenn wir jungen Leute bei geselligen Vereinigungen, Tanzstunden u.dgl. ein Fräulein tschechisch
ansprachen, so rümpfte die Angeredete das Näschen und tat beleidigt, denn tschechisch sprach man nur mit Dienstmädchen.” (Seite 29)
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